Kliniken nicht zufrieden mit Covid-19-Krankenhausentlastungsgesetz
„Leider hat dem Bundesgesundheitsminister der Mut für eine klare Kante gefehlt“, quittiert Armin Müller, Geschäftsführer der Lörracher Kreiskliniken, die Maßnahmen des am Mittwoch im Eilverfahren verabschiedeten Covid-19-Krankenhaus-Entlastungsgesetzes. Zwar wurde der erste Gesetzesentwurf nachgebessert, doch hat die Politik ein hochkomplexes Gesetzeskonglomerat aus Fallpauschen, Pflegebudgets, Abrechnungsprüfungen und vielem mehr mit noch komplexeren Ausnahme- und Änderungstatbeständen geschaffen.
Weniger Einnahmen und höhere Ausgaben durch Corona
Um für möglicherweise schnell ansteigende Zahlen von Corona-Patienten gewappnet zu sein, wurde der übliche Krankenhausbetrieb wie in anderen Kliniken so weit wie möglich heruntergefahren. Planbare Operationen wurden verschoben, Patienten, etwa aus der Psychosomatik, entlassen, ambulante Termine abgesagt. Gleichzeitig schnellten Anschaffungskosten beispielsweise für Schutzausrüstung oder Desinfektionsmittel in die Höhe. Die Bekämpfung der Corona-Krise bedeutet für die Kliniken deutliche Einnahmeverluste bei gleichzeitig höheren Ausgaben. „Das vorübergehende Aussetzen des Fallpauschalensystems wäre das adäquate Pendant zum Herunterfahren unseres Regelbetriebes gewesen“, so Müller weiter.
"Whatever it takes" (Bundesgesundheitsminister Spahn)
Die Kliniken des Landkreises Lörrach bereiten sich, wie andere Kliniken in ganz Deutschland, auf die größte medizinische Herausforderung seit dem zweiten Weltkrieg vor. Der Blick über die Grenzen zeigt, dass das System vor einer Herkulesaufgabe steht. Im Wissen um diese Situation und die Notwendigkeit beispielloser Vorbereitungsmaßnahmen hatten der Bundesgesundheitsminister und die Bundeskanzlerin selbst öffentlich zugesichert, den Kliniken einen finanziellen Schutzschirm zu gewähren. „Whatever it takes“, waren die Worte von Jens Spahn, sowie „Nehmen Sie mich beim Wort“. Kanzlerin Merkel hatte versprochen: „Wegen der Coronakrise wird kein Haus in die Defizite getrieben“.
Gesetz wird Versprechen wohl nicht gerecht
Das am Mittwoch im Eilverfahren verabschiedete Covid-19-Krankenhausentlastungsgesetz wird diesen Versprechungen vermutlich nicht gerecht. Bereits die Eckdaten lassen erkennen, dass die Beträge nicht ausreichen, um Liquidität und Betriebsergebnisse der Kliniken zu sichern. Aufwändige Dokumentationen, zum Beispiel durch die Beantwortung von Anfragen des Medizinischen Dienstes wegen der Liegedauer von Patienten, wurden leider nicht vollständig ausgesetzt. Ob diese Art der Dokumentation in der nächsten Zeit möglich und notwendig ist, ist dringend zeitnah zu hinterfragen.
Eventuelle Nachbesserungen durch Beirat
Gleichwohl ist die Einrichtung eines Beirates mit Vertretern aus der Krankenhauspraxis geplant, welcher die Situation angesichts des neuen Krankenhausentlastungsgesetzes laufend prüfen soll. Falls notwendig, sollen die neuen gesetzlichen Regelungen laut Bundesgesundheitsminister Spahn nachgebessert werden.
"Nachbesserungen müssen kommen!" (Klinikengeschäftsführer Müller)
„Wir tun hier in unseren Kliniken wirklich alles, um uns bestmöglich für die anstehenden Herausforderungen zu rüsten“, so Geschäftsführer Müller. „Ich appelliere dringend an den Bundesgesundheitsminister, sich an sein Versprechen von Nachbesserungen auch wirklich zu halten. Es kann nicht sein, dass wir Kliniken am Ende auch noch erheblichen finanziellen Schaden davontragen!“
"Politik und Landkreis müssen finanziellen Rückhalt geben" (Landrätin Dammann)
Die Aufsichtsratsvorsitzende der Kreiskliniken, Landrätin Marion Dammann ergänzt: „Die Ärzte, Pflegekräfte und viele weitere Berufsgruppen zeigen einen immensen Einsatz und riskieren viel, um für diejenigen zu kämpfen, bei denen es um Leben und Tod gehen kann“. Aufgabe der Politik wie auch des Landkreises müsse es jetzt sein, alles in der eigenen Macht stehende zu tun, um den Kliniken finanziellen Rückhalt zu geben und sicherzustellen, dass alle Berufsgruppen, die sich um Corona-Patienten kümmern, mit Schutzausrüstung und anderen notwendigen Materialien versorgt würden. „Nur so können sie ihre Arbeit machen, und nur so haben wir eine Chance, diese Krise gut zu meistern“, so Dammann weiter.
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